Europäisches Institut für Stillen und Laktation

Ernährung von Frühgeborenen: eine besondere Herausforderung

Anlage zum Newsletter Januar 2016

Introduction of Bovine-Based Nutrient Fortifier and Gastrointestinal Inflammation in Very Low Birth Weight Infants as Measured by Fecal Calprotectin
Panczuk Julia K., Unger Sharon, Francis Jane, Bando Nicole, Kiss Alex, O'Connor Deborah L.. Breastfeeding Medicine. January 2016, 11(1): 2-5. doi:10.1089/bfm.2015.0125

Muttermilch für Frühgeborene wird häufig mit künstlich hergestellten Zusätzen aufbereitet, um den besonderen Nährstoffbedürfnisse dieser Gruppe von Säuglingen Rechnung zu tragen. Diese Zusätze (englisch: fortifier) werden meist auf Basis von Kuhmilch hergestellt, was umstritten ist, da eine mögliche Veränderung der kindlichen Darmflora oder anderer Faktoren im kindlichen Verdauungssystem befürchtet wird, wenn diese mit Fremdeiweißen nicht-humanen Ursprungs in Kontakt kommen.

Eine Untersuchung aus Toronto, Kanada, hat nun genauer unter die Lupe genommen, was im Darm eines VLBW-Babys passiert, wenn es kuhmilchbasiert-angereicherte Muttermilch zu sich nimmt. Dazu wurden Stuhlproben gesammelt und auf einen bestimmten Faktor hin überprüft, der als Anzeiger für entzündliche Prozesse im Darm gilt. Es zeigte sich, dass die Stuhlproben direkt nach einer Fütterung mit solch angereicherter Milch erhöhte Entzündungswerte aufwiesen.

Zu erwähnen ist an dieser Stelle, dass einzelne Neonatalzentren bereits Fortifier auf Basis humaner Milch einsetzen und keine kuhmilchbasierten Zusätze mehr verwenden.

Das Abstract der Studie (englisch) kann → hier nachgelesen werden.

Bifidobacterium breve BBG-001 in very preterm infants: a randomised controlled phase 3 trial
Costeloe, Kate et al.; The Lancet 2015, published online ahead of print; DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(15)01027-2

Um den kindlichen Darm geht es auch in der nächsten Untersuchung, genauer um die gefürchtete Erkrankung NEC (Nekrotisierende Enterokolitis), für die Frühgeborene besonders anfällig sind.

Probiotische Zusätze sind seit einiger Zeit auf dem Markt und in Verwendung: sie werden Frühgeborenen, die mit Formula gefüttert werden, verabreicht. Nachdem eine Meta-Analyse eine Verringerung des NEC-Risikos für ein ganz bestimmtes Präparat ergeben hatte, wurde dies in Japan sogar als Arzneimittel zugelassen. In einer großen randomisierten Doppelblind-Studie, die nun im renommierten Journal The Lancet veröffentlicht wurde, konnte diese Wirkung jedoch nicht nachgewiesen werden.

Die Forscher eines britischen Teams um Kate Costeloe erforschten das Präparat in einer Probandengruppe von über 1300 Frühgeborenen im klassischen Setting einer randomisierten Doppelblindstudie: die Hälfte der Probanden erhielt normale Formula-Nahrung ohne Zusätze, der anderen Hälfte der Probanden wurde der entsprechende Nahrungszusatz in die Formula gemischt. Weder Ärzte/ Pflegepersonal noch betroffene Eltern wussten, zu welcher Gruppe ihr Kind gehörte.

Es zeigte sich, dass zwischen den beiden Gruppen keine Unterschiede im Outcome auftraten, sowohl was das Risiko für NEC als auch schwere Folgen wie Sepsis und Sterberate betraf. Die Autoren kommen daher zum Schluss dass der flächendeckende Einsatz dieses Präparats keine empfehlenswerte oder sinnvolle Maßnahme wäre.

Das Abstract der Studie (englisch) sehen Sie → hier, ein deutscher Artikel im Ärzteblatt dazu ist → hier nachzulesen.

© Januar 2016, Anja Bier (IBCLC) für den Newsletter des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation

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