ABM-Protokoll Nr. 3 aktualisiert: Zufütterung von gesunden reifen Neugeborenen
Anlage zum Newsletter April 2017
Kellams Ann, Harrel Cadey, Omage Stephanie, Gregory Carrie, Rosen-Carole Casey, and the Academy of Breastfeeding Medicine. Breastfeeding Medicine. March 2017, ahead of print. doi:10.1089/bfm.2017.29038.ajk.
Die → klinischen Protokolle der Academy of Breastfeeding Medicine (ABM) gelten weltweit als wichtige Grundlage für evidenzbasierte Entscheidungen rund um alle medizinischen Fragestellungen in der Stillzeit. Sie sollen dazu beitragen, das Stillen zu fördern und Faktoren, die das Stillen behindern könnten, fachlich auszuräumen. Die Protokolle werden regelmäßig überarbeitet und aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnislage aktualisiert.
Das Protokoll Nr. 3, das sich mit der medizinisch notwendigen Zufütterung eines gesunden, reifgeborenen und gestillten Neugeborenen beschäftigt, wurde kürzlich aktualisiert und ist nun auf englisch wieder online zu finden. Übersetzungen in andere Sprachen erfolgen meist innerhalb weniger Monate.
Das Protokoll führt zunächst detailliert auf, welche Faktoren einen Einfluss auf die kindliche Gewichtsentwicklung in den ersten Tagen und Stunden haben: insbesondere bei Kindern, die per Sectio geboren wurden, ist eine stärkere Gewichtsabnahme zu erwarten, ebenso bei Kindern, deren Mutter unter der Geburt hohe Mengen an intravenöser Flüssigkeit erhielten.
Im weiteren Verlauf klären die Autoren über normale Vorgänge und zu erwartende Verhaltensmuster von Neugeborenen auf und beschreiben Maßnahmen zur Optimierung des Stillmanagements: beim gesunden, reifen Neugeborenen ist zu erwarten, dass es nach einer anfänglichen Wachphase direkt postpartum (ca. 2 Std. lang) in eine schläfrige Phase übergeht. Um bald ein häufiges Stillen zu etablieren, sollten die frühen Zeichen des Kindes beachtet werden, viel Haut-zu-Haut-Kontakt stattfinden und bei Bedarf sollten einige Tropfen Kolostrum von Hand gewonnen werden.
Zur Prävention einer medizinisch notwendigen Zufütterung werden frühzeitige sinnvolle Maßnahmen und eine genaue und kompetente Beobachtung des Mutter-Kind-Paares vorgeschlagen: wenn ein Baby sehr viel Clusterfeeding zeigt, sollte die Mutter aufgeklärt werden, dass dies ein normales Verhalten ist. Zugleich sollte eine Stillmahlzeit beobachtet werden, um sicherzustellen, dass das Baby gut angelegt ist und die Brust effektiv entleeren kann. Manche unruhigen Kinder, die viel clustern, haben Schmerzen und sollten entsprechend behandelt werden.
Im Anschluss erläutert das Protokoll mögliche Gründe für eine medizinisch notwendige Zufütterung sowie die Wahl einer stillfreundlichen Zufütterungsmethode und der zuzufütternden Nahrung. Auch für die Zufütterungsmengen werden Vorschläge gemacht und die Vorteile des Fütterns nach Bedarf werden betont. Als kindliche Gründe für eine Zufütterung kommt eine trotz regelmäßigem Stillen sich nicht verbessernde Hypoglykämie in Betracht oder auch ein starker Gewichtsverlust mit unzureichenden Ausscheidungen. Auf der mütterlichen Seite können beispielsweise frühere Brustoperationen oder starke Schmerzen das Stillen erschweren und eine (temporäre) Zufütterung kann notwendig werden. Sollte eine Zufütterung erfolgen, muss diese penibel dokumentiert und den Eltern ausreichend erklärt werden. Falls verfügbar, ist gespendete Frauenmilch vorrangig vor Formulanahrung zu verwenden.
Das aktualisierte Protokoll Nr. 3 (englisch) in seiner vollständigen Form ist → hier nachzulesen.
© April 2017, Anja Bier (IBCLC) für den Newsletter des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation