ABM-Statement zur Ankyloglossie (zu kurzes Zungenband) bei Stillkindern
Anlage zum EISL-Newsletter Mai 2021
Academy of Breastfeeding Medicine Position Statement on Ankyloglossia in Breastfeeding Dyads
Yvonne LeFort, Amy Evans, Verity Livingstone, Pamela Douglas, Nanette Dahlquist, Brian Donnelly, Kathy Leeper, Earl Harley, Susan Lappin; and the Academy of Breastfeeding Medicine. Breastfeeding Medicine, Volume 16, Number 4, 2021. DOI: 10.1089/bfm.2021.29179.ylf
Das wichtigste in Kürze:
- ABM bestätigt: ein zu kurzes Zungenband kann zu Stillproblemen führen und sollte behandelt werden
- Eine gute Stillberatung zur Beurteilung der Situation und Entscheidung über die weiteren Schritte ist unabdingbar.
- Es gibt einen hohen Bedarf an qualitativ hochwertigen Studien zum Thema
Die Academy of Breastfeeding Medicine (ABM) ist eine international beachtete Organisation zur Stillförderung durch Wissensvermittlung und Evaluierung der derzeitig besten Vorgehensweise für medizinische Fragestellungen rund um das Stillen. Neben den bekannten Protokollen, die als Richtschnur für nationale und/oder klinik-interne Leitlinien dienen, veröffentlicht die ABM auch hin und wieder Positionspapiere zu bestimmten aktuellen Themen.
Das jüngst veröffentlichte Statement zur Erkennung und Behandlung eines zu kurzen Zungenbands nimmt Stellung zu diesem höchst aktuellen Thema, das weltweit seit einigen Jahren insbesondere unter Fachpersonal zur Stillförderung diskutiert wird.
Auch die ABM beobachtet eine Zunahme des Bewusstseins für das Thema, zugleich liegen bisher nur wenige qualitativ hochwertige Studien zur Behandlung vor. Aus Sicht der ABM-Expert:innen ist es es unstrittig, dass ein zu kurzes Zungenband die Zunge in ihrer Beweglichkeit behindern kann, die auch und gerade für das Stillen notwendig wäre. Insbesondere die Auf- und Abbewegung im hinteren Bereich der Zunge, die beim Stillen das Vakuum reguliert, ist mit einem zu kurzen Zungenband in ihrer Funktionalität eingeschränkt, was auch zu einer verringerten Mundöffnung beitragen kann. Insgesamt führt die Einschränkung der Zungenbeweglichkeit verstärkt zu Stillproblemen.
Für die Beurteilung der Situation ist es unabdingbar, dass eine gute Stillberatung zunächst das Stillmanagement umfassend evaluiert, um andere Ursachen für Stillprobleme auszuschließen und erste Optionen zur Verbesserung der Stillsituation aufzuzeigen.
Es existieren einige Versuche, mit Hilfe von Beurteilungsbögen und anhand von verschiedenen Kriterien die Funktionalität der Zunge zuverlässig und objektiv einzuschätzen. Diese Hilfsmittel setzen ein unterschiedlich hohes Maß an Vorwissen und Erfahrung der Beurteilenden voraus. Die ABM empfiehlt derzeit keinen bestimmten Bogen und betont, dass eine Beurteilung nur in Verbindung mit einer Stillberatung vorgenommen werden sollte. Dazu gehören eine genaue Anamnese, die Beobachtung des Stillens, die Beurteilung der Brust/ Mamillen und des Mundraums des Kindes, die Beurteilung von Zeichen zum effektiven Milchtransfer und Gedeihen des Kindes etc.
Wenn das Vorliegen eines zu kurzen Zungenbands bestätigt ist, kann eine chirurgische Frenotomie sinnvoll sein. Die Expert:innen der ABM sehen derzeit keine klaren, durch Studien belegten, Vor- oder Nachteile der klassischen Schnittbehandlung versus einer Behandlung mittels Laser. Dasselbe gilt für die Frage der Nachbehandlung (Dehnen, Stimulation o.ä.), die derzeit auch im deutschsprachigen Raum teilweise kontrovers diskutiert wird.
In der Bilanz stellt die ABM fest, dass es einen dringenden Bedarf an weiteren Untersuchungen zu diesem Thema gibt, sowohl was die objektive Beurteilung des Vorliegens eines zu kurzen Zungenbands als auch was die Behandlung betrifft.
Das vollständige Statement (englisch) lesen Sie → hier.
Lesen Sie außerdem mehr über das Thema auf unserer Fachseite
→ Das zu kurze Zungenband – ein Thema für die Stillberatung
© Mai 2021, Anja Bier (IBCLC)
und das EISL-Newsletter-Team: Natalie Groiss, IBCLC; Gabriele Nindl, IBCLC; Gudrun von der Ohe, IBCLC