Europäisches Institut für Stillen und Laktation

Early-Term-Geborene benötigen mehr Stillunterstützung

Anlage zum Newsletter Mai 2019

Breastfeeding Intensity and Exclusivity of Early Term Infants at Birth and 1 Month
Anita Noble, Smadar Eventov-Friedman, Ivan Hand, Deena Meerkin, Olga Gorodetsky, and Lawrence Noble.Breastfeeding Medicine, ahead of print April 2019. DOI: http://doi.org/10.1089/bfm.2018.0260

Early-Term-Geborene, auch Near-Term-Geborene genannt, sind Säuglinge, die mit 37 oder 38 Schwangerschaftswochen zur Welt kommen und daher nicht im klassischen Sinne als "Frühgeborene" bezeichnet werden. Kinder, die noch ein wenig früher geboren sind (mit 35 oder 36 Schwangerschaftswochen), werden als "Late-Preterm" bezeichnet. Lange Zeit wurden vor allem die Early-Term-Kinder als Reifgeborene behandelt und kein Unterschied in der Betreuung dieser Kinder gegenüber Kindern der 39. - 41. Gestationswoche gemacht.

Es zeigt sich jedoch immer häufiger in Studien, dass diese Kinder ein erhöhtes Risiko für verschiedene Erkrankungen im Kindesalter tragen und zudem im Schulalter gegenüber vollständig Reifgeborenen neuro-kognitiv im Nachteil sind. Sie werden von Anfang an seltener ausschließlich gestillt, was sich auch im Alter von 1 Monat noch immer fortsetzt (wir berichteten bereits im → Mai 2016).

Eine aktuelle israelische Studie bestätigt und ergänzt diese Ergebnisse nun: Early-Term-Geborene wurden nicht nur seltener innerhalb der ersten Stunde gestillt, sondern waren auch, wenn sie schließlich das erste Mal angelegt wurden oder gewonnene Muttermilch erhielten, durchschnittlich älter als Reifgeborene (3 Std. vs. 1,9 Std.). Obwohl alle Mütter der Studie vor Geburt geplant hatten, zu stillen und alle reifgeborenenen Kinder der Kontrollgruppe tatsächlich zumindest teilweise gestillt wurden, wurden von den Early-Term-Geborenen 5% nie gestillt.
Während der ersten 72 Stunden wurden Early-Term-Geborene häufiger mit Formula zugefüttert und wenn sie zugefüttert wurden, dann in einem höheren Maß als die reifgeborenen Kinder der Kontrollgruppe.

Anders als in früheren Studien wurden in diese Studie nur Mutter-Kind-Paare aufgenommen, die unmittelbar nach der Geburt keine intensivmedizinischen Maßnahmen benötigten und deren Mütter ausdrücklich beabsichtigten, ihr Kind zu stillen. Zudem war der Anteil an Müttern, die bereits das zweite oder weitere Kind gebaren, ungewöhnlich hoch (78%) und 73% der Mütter hatten bereits zuvor mindestens ein Kind gestillt. Hier unterscheidet sich die Studie von der bereits 2016 besprochenen Studie aus Pennsylvania, die ausschließlich Erstgebärende einschloss.
Diese, für das Stillen besonders günstigen Bedingungen, haben möglicherweise dazu beigetragen, dass in der aktuellen Studie Early-Term-Geborene im Alter von 1 Monat vergleichbare Stillraten JEGLICHEN Stillens gegenüber Reifgeborenen aufwiesen. Allerdings stillen sie seltener AUSSCHLIEßLICH und wenn sie zugefüttert wurden, dann in höherem Maße als die Kinder der reifgeborenen Kontrollgruppe.

Bedeutsam an der aktuellen Studie ist auch, dass Early-Term-Geborene nach Entlassung aus der Klinik häufiger als Reifgeborene erneut wegen einer akuten Erkrankung eingewiesen und intensivmedizinisch/ notfallmedizinisch betreut werden mussten. Dies war insbesondere dann der Fall, wenn sie ausschließlich oder in hohem Maße gestillt wurden, wohingegen die nicht oder nur wenig gestillten Early-Term-Kinder nicht gefährdeter waren als Reifgeborene gestillte Kinder. Dies spricht dafür, dass der erschwerte Stillbeginn der Early-Term-Geborenen sich auch nach den ersten Tagen fortsetzt und es in dieser Gruppe häufiger zu Stillproblemen kommt, die in der Folge akute Gefährdungen nach sich ziehen.

Die Autoren kommen zu dem Schluss dass Early-Term-Geborene erhöhte Aufmerksamkeit und eine bessere Nachbetreuung benötigen, um erfolgreich ausschließlich stillen zu können und um das Risiko für Erkrankungen und Notfälle in dieser Gruppe zu senken. Dies deckt sich mit unseren Empfehlungen zum Stillmanagement bei Late-Preterm-/ Early-Term-Geborenen, die Sie in unserem oben bereits erwähnten → Artikel von 2016 nachlesen können.

Das Abstract der Studie (englisch) finden Sie → hier.

© Mai 2019, Anja Bier (IBCLC) und Elisabeth Weitlaner (IBCLC) für den Newsletter des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation

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