Frenotomie bei zu kurzem Zungenband verbessert die Symptomatik kurz- und langfristig
Anlage zum Newsletter Mai 2019
Frenotomy for tongue-tie (frenulum linguae breve) showed improved symptoms in the short- and long-term follow-up
Gabriele Ramoser, Márta Guóth‐Gumberger, Sara Baumgartner‐Sigl, Thomas Zoeggeler, Sabine Scholl‐Bürgi, Daniela Karall. Acta Paediatrica, 4/2019. DOI: https://doi.org/10.1111/apa.14811
Das zu kurze Zungenband tritt zunehmend in unser Bewusstsein, insbesondere in Hinsicht auf mögliche Stillprobleme. Eine sorgfältig durchgeführte Diagnostik ist beim Umgang mit diesem Thema ebenso notwendig wie die Untersuchung der Frage, welche Maßnahmen zu einer Verbesserung der Situation beitragen können. Eine Frenotomie wird meist dann durchgeführt, wenn durch die Diagnostik eine deutliche Einschränkung in Funktion und Beweglichkeit der Zunge festgestellt wurde.
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Eine aktuelle Studie aus Innsbruck, die in Zusammenarbeit mit Kinderklinik Innsbruck und unter Beteiligung unserer geschätzten Kolleginnen Prof. Dr. Daniela Karall, IBCLC, und Márta Guóth-Gumberger, IBCLC, durchgeführt wurde, hat sich mit der Frage befasst, ob eine Frenotomie sicher/ komplikationsarm durchgeführt werden kann und wie sie sich kurz- und langfristig auswirkt.
Für die Studie wurden die Datensätze von insgesamt 329 PatientInnen der Jahre 2011 - 2017 ausgewertet und den Eltern der Kinder, die zwischen Februar 2011 und April 2016 die Frenotomie erhalten hatten, wurden zusätzliche Fragebögen zugesandt, um die langfristigen Auswirkungen abzuschätzen.
Über 80% der behandelten Mutter-Kind-Paare berichteten im Anschluss sowohl kurz- als auch langfristig über eine Verbesserung der Situation, am häufigsten wurde dabei über eine Verbesserung des Anlegens und eine Verringerung von wunden und schmerzenden Mamillen berichtet. In keinem einzigen Fall gab es Komplikationen, die einen klinischen Aufenthalt oder eine Behandlung notwendig machten, in nur zwei Fällen gab es eine kurzfristige Verschlechterung der Situation für wenige Stunden bzw. einen Tag.
In Innsbruck wurden besonders häufig Säuglinge und Kleinkinder mit einem posterioren Zungenband behandelt (über 90% der Fälle), wohingegen nur ein kleiner Anteil auf anteriore Zungenbänder entfiel. Dies ist wahrscheinlich dem Umstand geschuldet, dass anteriore Zungenbänder häufig bereits in der Geburtsklinik oder beim ambulanten Kinderarzt erkannt und frenotomiert werden, wohingegen posteriore Zungenbänder oft unerkannt bleiben und schließlich nach Auftreten von Symptomen und Schwierigkeiten gezielt durch qualifizierte Fachkräfte nach Innsbruck verwiesen worden waren.
Die AutorInnen kommen zum Ergebnis, dass die Frenotomie, wie sie in Innsbruck durchgeführt wird, sicher und wirkungsvoll ist. Zugleich stellen sie fest, dass auf diesem Feld noch Schulungsbedarf unter vielen Fachkräften besteht und wünschen sich größere Kohortenstudien, um die tatsächliche Verbreitung von anterioren und posterioren Zungenbändern bei allen Säuglingen zu erfassen, da hierzu bisher verlässliche Daten fehlen.
Das Abstract der Studie (englisch) finden Sie → hier.
© Mai 2019, Anja Bier (IBCLC) für den Newsletter des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation