Muttermilch-Geruch beruhigt Frühgeborene
Anlage zum Newsletter April 2018
The Impact of Preterm Infants' Continuous Exposure to Breast Milk Odor on Stress Parameters: A Pilot Study
Maayan-Metzger A., Kedem-Friedrich P., Bransburg Z. S., Morag I., Hemi R., Kanety H. and Strauss T. Breastfeeding Medicine 2018 13:3, 211-214. https://doi.org/10.1089/bfm.2017.0188
Frühgeborene gedeihen am besten, wenn sie im direkten Haut-Kontakt mit ihrer Mutter liegen können: ihre Vitalwerte wie Atmung, Blutdruck, Puls, Sauerstoffsättigung usw. verbessern sich, ihre Stresszeichen verringern sich, das Stillen wird erfolgreicher angebahnt usw. Diese Effekte des sogenannten Kangoroo Mother Care (KMC) sind bereits vielfach nachgewiesen worden. Zugleich ist es nur in den seltensten Fällen möglich, dass eine Mutter rund um die Uhr über Wochen hinweg im direkten KMC mit ihrem Frühgeborenen verweilen kann. Die Kinder verbringen daher unweigerlich auch Zeit im Inkubator/ Wärmebettchen, werden zudem von medizinischen Maßnahmen, hellem Licht, lauten Geräuschen oder anderen Faktoren irritiert und zeigen nicht selten Zeichen von Stress.
In früheren Studien konnte bereits gezeigt werden, dass angenehme Gerüche, insbesondere Gerüche, die direkt von der eigenen Mutter stammen (z.B. Fruchtwasser, Muttermilch) eine beruhigende Wirkung auf Frühgeborene haben, die einer schmerzhaften medizinischen Prozedur unterworfen werden (z.B. → Badiee et al., 2013 oder → Jabraeili et al., 2015 ).
Eine Pilot-Studie aus Israel untersuchte nun aktuell die Auswirkungen des Geruchs der Muttermilch ihrer Mutter auf Frühgeborene und ihren Speichel-Cortisol-Spiegel (dieser wird häufig als Marker für Stress angenommen), wenn die Kinder über einen längeren Zeitraum dauerhaft dem Geruch der Muttermilch ausgesetzt wurden. Dazu wurden 15 Frühgeborene, die zum Zeitpunkt der Studie stabil waren und mittels Sonde ernährt wurden, zunächst für 2 Tage ohne Intervention untersucht (Cortisol-Level im Speichel). Dann wurde für 2 Tage die Intervention durchgeführt: ein Wattebausch, der mit Muttermilch der eigenen Mutter beträufelt war, wurde in Kopfnähe der Kinder platziert und alle 3 Stunden ausgetauscht. Auch während dieser Zeit, sowie noch weitere 2 Tage im Anschluss an die Intervention wurden die Cortisol-Level erhoben.
Es zeigte sich, dass während der Interventions-Zeit, aber auch nachfolgend in den anschließenden Tagen die Cortisol-Level der untersuchten Frühgeborenen sanken, was auf ein vermindertes Stress-Level hindeutet.
Die Studie ist als Pilot-Studie derzeit noch sehr klein und wird in Zukunft mit einer größeren Probanden-Zahl sowie einer Kontroll-Gruppe erneut durchgeführt werden müssen, um verlässliche Aussagen zu erhalten. Die ersten Hinweise sind jedoch sehr ermutigend und da es sich bei der Maßnahme um eine einfache, kostengünstige, ungefährliche und non-invasive Maßnahme handelt, ist auch ein direktes Umsetzen auf neonatologischen Stationen hierzulande denkbar. Zumindest das Nutzen des bereits stabil nachgewiesenen Effekts während schmerzhafter Eingriffe sollte heute bereits Standard sein.
Die Pilot-Studie ist vollständig im Original abrufbar → hier.
© April 2018, Anja Bier (IBCLC) für den Newsletter des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation