Update: Formula, Babynahrung und Marketingpraktiken der Hersteller
Anlage zum Newsletter Juli 2019
Immer wieder gibt es neue Untersuchungen und Empfehlungen für Gesundheitspersonal im Umgang mit Herstellern von Säuglings- und Babynahrung. Die Einhaltung des WHO-Kodex zur Vermarktung von Muttermilch-Ersatzprodukten ist weiterhin weltweit ein Thema und Hersteller ersinnen ständig neue Strategien, um ihre Produkte an junge Eltern zu vermarkten.
Wir empfehlen Ihnen einige aktuelle Berichte und Artikel zu diesem Thema:
First Steps Nutrition Trust
Diese britische Stiftung widmet sich intensiv den Marketingpraktiken der Formula- und Beikost-Hersteller und hat bereits mehrere umfangreiche Berichte veröffentlicht, in denen sie die derzeit auf dem britischen Markt angebotenen Produkte und Werbeversprechen sehr genau unter die Lupe nimmt. Wir berichteten bereits → 2017 über einige interessante Artikel der Stiftung und möchten Ihnen nun auch die aktuellen Updates sowie einige neue Berichte der Stiftung ans Herz legen. Diese sind speziell für Gesundheitspersonal verfasst und sollen Hilfestellung bei der Beurteilung geben.
Auf der folgenden Seite finden Sie mehrere aktuelle Berichte und Übersichtsartikel, die sich zwar auf den britischen Markt beziehen, aber auch ganz allgemein für Fachkräfte von Interesse sind und in Teilen auch auf den deutschen Markt übertragen werden können:
→ First Steps Nutrition Trust: Composition, Claim and Costs
Auf der folgenden Seite finden Sie mehrere Artikel der Stiftung, die sich dem WHO-Kodex und der Umsetzung durch Firmen auf der einen Seite und Gesundheitspersonal auf der anderen Seite widmen. Sie finden praktische Tipps zur Umsetzung des Kodex im persönlichen Arbeitsfeld und lernen den Kodex besser kennen, um Fallstricke identifizieren zu können:
→ First Steps Nutrition Trust: Working within the WHO Code
Baby Feeding Law Group UK
Dieses Netzwerk von britischen Akteuren rund um das Thema Stillen und Säuglingsernährung überwacht die Einhaltung von gesetzlichen Regelungen zum Thema und setzt sich dafür ein, dass der WHO Kodex in der britischen Gesetzgebung vollständig verankert wird, sowie weitere Gesetze zum Schutz und zur Förderung des Stillens erlassen werden. Im Netzwerk sind sowohl die britischen Stillförderungs-Gruppierungen, Berufsverbände der Hebammen und Laktationsberaterinnen, die ehrenamtlichen Stillberatungs-Organisationen als auch UNICEF/BFHI und weitere Organisationen vertreten.
In ihrem jüngst erschienenen Bericht über die Verflechtungen und Hintergründe von Organisationen und Herstellerfirmen von Formula zeigen die AutorInnen auf, wo gute, unabhängige Informationen für Gesundheitspersonal erhältlich sind und welche Webseiten und Organisationen von Babynahrungsherstellern gesponsort werden. Auch dieser Bericht bezieht sich ausschließlich auf Großbritannien, enthält aber wichtige Hinweise auch für den deutschsprachigen Raum, da auch hierzulande ähnliche Methoden bekannt sind: Babynahrungshersteller bieten unter scheinbar neutralen und seriös wirkenden Namen "Informationsportale" für Eltern an oder beteiligen sich an Präventionsprogrammen oder vermeintlich unabhängigen Stiftungen:
→ Baby Feeding Law Group UK: Organisations funded by the breastmilk substitute industry
WHO-Statement zu "Cross-Promotion"
Hersteller dürfen in einigen Ländern nicht für Säuglingsanfangsnahrung werben, was einem zentralen Bestandteil der Forderungen des WHO-Kodex entspricht. Allerdings ist es in vielen Ländern zulässig, Formulanahrung ab dem Beikostalter oder für Kleinkinder zu bewerben, was dem Kodex widerspricht und nicht zufällig von den Herstellern weiterhin vehement eingefordert wird: durch die Werbung für Formulanahrung ab einem bestimmten Alter erreichen die Firmen junge Eltern auch dann, wenn sie nicht explizit für Säuglingsanfangsnahrung werben. Als Marke im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert zu sein und in den Gedanken junger Familien eine Option darzustellen, ist für die Hersteller von großer Bedeutung. Für diese Art von Werbung geben sie riesige Summen aus.
Ein aktuelles Statement der WHO äußert sich zu dieser speziellen Form der Werbung (sog. "Cross-Promotion") und erläutert nochmals, warum auch diese Werbung im Konflikt mit dem Kodex steht:
→ WHO: Cross-promotion of infant formula and toddler milks
© Juli 2019, Anja Bier (IBCLC) für den Newsletter des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation