Europäisches Institut für Stillen und Laktation

Schnullereinsatz wird weiterhin kontrovers diskutiert

Anlage zum EISL-Newsletter November 2022

Pacifier use and breastfeeding in term and preterm newborns-a systematic review and meta-analysis
O. Tolppola, M. Renko, U. Sankilampi, P. Kiviranta et al. Eur J Pediatr. 181, pages 3421–3428 (2022) DOI: https://doi.org/10.1007/s00431-022-04559-9

Das wichtigste in Kürze:

  • In dieser Meta-Analyse wurde untersucht, ob die Verwendung von Schnullern mit dem Stillerfolg bei Termingeborenen und Frühgeborenen zusammenhängt und ob sie die Krankenhausaufenthaltsdauer bei Frühgeborenen beeinflusst.
  • Es wurde festgestellt, dass der frühe Schnullergebrauch weder die Rate des teilweisen noch des ausschließlichen Stillens bis zum Alter von 6 Monaten beeinflusst. Als Zielpunkte für die Gruppe der Frühgeborenen wurden zusätzlich die beiden Parameter "Zeitpunkt der Entlassung aus der Klinik" sowie "Übergang von Sondennahrung auf orale Ernährung" untersucht.
  • Die Autor:innen schließen aus ihrer Studie, dass die Entscheidung darüber, ob ein Schnuller angeboten werden soll, nicht durch Fachkräfte beeinflusst sein sollte, da es keine Belege für eine Einschränkung des Schnullergebrauchs gäbe.
  • Diese Schlussfolgerung kritisieren wir, da möglicherweise gerade die aktuellen Empfehlungen zu einem vorsichtigen Einsatz des Schnullers dazu führen, dass er kein Risiko für das Stillen darstellt.

Ob der Gebrauch eines Schnullers den Stillerfolg negativ beeinflussen kann, ist seit Jahren Gegenstand von kontroversen Diskussionen. Einige Studien deuten auf den Schnuller als Risikofaktor hin, andere Studien können keinen negativen Effekt nachweisen. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass ein Schnuller eventuell besonders dann von Familien vermehrt eingesetzt wird, wenn Stillprobleme existieren – damit wäre der Schnuller nicht die Ursache, sondern eher Symptom.

Derzeit wird international von namhaften Fachgesellschaften meist empfohlen, den Gebrauch eines Schnullers in den ersten Wochen zu vermeiden, bis das Stillen gut etabliert ist, sowie Eltern über mögliche Risiken zu informieren. Es ist nicht zutreffend (wie immer wieder suggeriert), dass z.B. in den "10 Schritten zum erfolgreichen Stillen", die weltweit von babyfreundlich zertifizierten Kliniken (BFHI) umgesetzt werden, der Einsatz eines Schnullers "verboten" wäre.

Dass Frühgeborene vom Einsatz eines Schnullers profitieren, ist schon lange bekannt und unstrittig, da non-nutritives Saugen insbesondere während der längeren Phasen der Trennung von den Eltern eine wichtige Maßnahme zur Beruhigung und Entwicklungsförderung darstellt. Dies wird auch durch die aktuelle Meta-Analyse erneut bestätigt.

Die Autor:innen kommen zu dem Schluss, dass die oben bereits angesprochenen aktuellen Empfehlungen, Eltern über die Risiken des Schnullereinsatzes aufzuklären und zu einem Einsatz erst nach erfolgreicher Etablierung des Stillens zu raten, nicht haltbar seien, weil die Stillraten bei termingeborenen Säuglingen mit und ohne Schnuller sich nicht unterscheiden. Allerdings beißt sich hier die Katze in den Schwanz: möglicherweise sind die Stillraten ja gerade deshalb nicht unterschiedlich, WEIL die Eltern eben in guten, qualitativ hochwertigen Studien nach den aktuellen Empfehlungen beraten wurden und somit den Schnuller verantwortungsbewusst und zurückhaltend einsetzten. Daraus zu schließen, dass die Empfehlung unnötig war, ist möglicherweise vorschnell.

Neben den möglichen Auswirkungen auf das Stillen beinhaltet der Einsatz eines Schnullers noch andere Risiken, z.B. auf die Kiefer- und Sprachentwicklung. Auch die Form des Schnullers kann relevant sein, genau wie der Umfang und die Dauer des Einsatzes.
Lesen Sie dazu mehr auf unserer Fachseite zum Thema:

© November 2022, Gudrun von der Ohe, IBCLC
und das EISL-Newsletter-Team:
Anja Bier, IBCLC; Rhiannon Grill, IBCLC; Natalie Groiss, IBCLC; Gabriele Nindl, IBCLC

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