Europäisches Institut für Stillen und Laktation

Die Bedeutung des Stillens und der Ernährung mit Muttermilch

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Letzte Aktualisierung dieser Seite: 1/2024

Stillen/ Ernährung mit Muttermilch –
Kinder, Mütter und Gesellschaft profitieren

Muttermilch ist in einzigartiger Weise an die Bedürfnisse von menschlichen Säuglingen angepasst und versorgt sie mit allen notwendigen Nährstoffen, um zu wachsen und zu gedeihen. Zugleich beinhaltet sie eine Vielzahl von immunologischen Stoffen und epigenetischen Faktoren, die durch die Industrie nicht reproduziert werden können (siehe hierzu auch unsere Fachseite → Muttermilch und Formulanahrung im Vergleich)

Weltweit betrachtet stellt es ein enormes Risiko für das Überleben eines Kindes dar, nicht gestillt zu werden – und das gilt nicht nur für weniger entwickelte Länder: der sogenannte Plötzliche Kindstod (SIDS) oder die gefürchtete Nekrotisierende Enterocolitis (NEC) bei Frühgeborenen sind auch in industrialisierten Ländern ernstzunehmende Risiken.

Auch Mütter profitieren vom Stillen: stillende Frauen reduzieren ihr Risiko für eine ganze Reihe von Erkrankungen, wie z.B. Diabetes mellitus Typ II, Brust- und Eierstockkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Schon seit Jahrzehnten gibt es ein Vielzahl von Studien, die diese Thesen untermauern. Weiter unten auf dieser Seite stellen wir Ihnen einige davon vor.

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    © Zurijeta
  • ©Fotografie Schütz
    © Fotografie Schütz

Nicht nur für Mütter und Kinder ist Stillen relevant:
Die Herstellung, der Transport und Vertrieb von Säuglingsnahrung verursacht Energieverbrauch, Umweltverschmutzung und trägt zum Klimawandel bei. Globale Vertriebsnetze und lange Lieferketten verstärken den ökologischen Fußabdruck von Säuglingsnahrung.
Stillen ist eine nachhaltige Ernährungsmethode ohne Abfallproduktion und bietet vielfältige Umweltvorteile. Es trägt zur ökologischen Nachhaltigkeit bei und unterstützt die weltweiten Anstrengungen zur Bewältigung von Herausforderungen im Zusammenhang mit Klimawandel, Ressourcenknappheit und Umweltverschmutzung.
Ein gleichberechtigter Zugang zur optimalen Säuglingsernährung wird durch das Stillen ermöglicht und ist für Mütter verschiedener sozioökonomischer Hintergründe jederzeit zugänglich. Damit trägt Stillen auch zur Gerechtigkeit im sozialen Gefüge bei.

Auswirkungen auf die Gesundheit der Mutter

Stillende Mütter senken dosisabhängig ihr Risiko auf verschiedene Erkrankungen. Dabei wirkt sich die "Gesamt-Lebens-Stilldauer" aus, der Effekt verstärkt sich also, wenn die Mutter mehrere Kinder nacheinander, und/oder ein Kind über einen längeren Zeitraum stillt.

Nachdem einige der mütterlichen Erkrankungen auch tödlich verlaufen können, wird durch das Stillen somit nicht nur die Kindersterblichkeit gesenkt, sondern auch die mütterliche Mortalität verringert.

Bedeutung des Stillens für die Mutter

  • physiologische schnelle Rückbildung der Gebärmutter postpartal
  • geringer Blutverlust nach der Geburt – dadurch Schutz vor einer Anämie, die sich wiederum negativ auf die Milchbildung auswirkt
  • reduziert das Risiko, an Brust-, Ovarial-, und Endometriumskrebs zu erkranken
  • verringert das Risiko für Endometriose
  • senkt das Risiko für Osteoporose und Rheumatische-Erkrankungen
  • reduziert das Risiko an Diabetes Typ II zu erkranken
  • reduziert das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen
  • Stillen wirkt sich positiv auf die psychische Gesundheit der Mütter aus
  • unterstützt die postpartale Gewichtsregulation
  • verbessert die kognitive Leistungsfähigkeit der Mutter im Alter
  • Stillen fördert den Bindungsprozess zwischen Mutter und Kind
  • Verzögerung der Ovulation (Laktationsamenorroeh)
  • die hormonelle Situation der stillenden Mutter unterstützt Ruhe und Gelassenheit und hilft Schlafmangel und Erschöpfung vorzubeugen
  • Stillen ist praktisch: Muttermilch ist jederzeit in der richtigen Menge und Temperatur verfügbar

Bereits 2016 hat Dr. Zsuzsa Bauer die Zusammenhänge der Bedeutung des Stillens für Kind, Mutter und die Gesesllschaft im folgenden Artikel übersichtilich dargestellt. Aktuellere Studien bestätigen nach wie vor die positiven Effekte.


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Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes

Umfangreiche Studien zeigen es immer wieder aufs Neue: Nicht-Stillen birgt eine Vielzahl von Risiken für die unmittelbare Gesundheit des Säuglings, aber auch für die langfristige gesundheitliche, körperliche und kognitive Entwicklung im Kindes- und Jugendalter. Manche Effekte des Stillens bleiben sogar bis ins Erwachsenenalter erhalten.

Entgegen mancher Annahmen gelten die positiven Effekte des Stillens keineswegs nur für wenig entwickelte Länder, in denen eine schlechte hygienische Versorgung und Mangelernährung zu anderen Startbedingungen für Säuglinge führen. Auch das Risiko für gängige Zivilisationskrankheiten der industrialisierten Welt wird durch das Nicht-Stillen erhöht.

Große Meta-Analysen von hoher Qualität beschreiben wiederholt, welche positiven Auswirkungen es auf Säuglinge hat, wenn sie gestillt werden. Üblicherweise ist damit ein ausschließliches Stillen für mindestens 6 Monate gemeint, wie es von der WHO empfohlen wird. Studien zeigen, dass die Wirkung dosisabhängig ist. Auch ein Teilstillen ist wertvoll und bringt in entsprechend geringerem Umfang für teil- oder kürzer gestillte Kinder positive Effekte.

Die folgenden Erkenntnisse beziehen sich auf die aktuelle Datenlage des Core Curriculum LEAARC, 2024, Marsha Walker, 2023 und Lauwers & Swisher, 2021.

Bedeutung des Stillens/ Ernährung mit Muttermilch für Säuglinge und Kinder

  • schützt vor respiratorischen Infekten
  • reduziert die Wahrscheinlichkeit Asthma zu entwickeln
  • schützt vor gastrointestinalen Infekten und Durchfall
  • Stillen reduziert das Risiko einer akuten Otitis-Media
  • reduziert das Risiko Karies im ersten Lebensjahr zu entwickeln
  • Stillen fördert eine optimale Zahnstellung und Entwicklung des Kiefers
  • reduziert das Risiko für NEC
  • reduziert das SIDS-Risiko
  • reduziert das Risiko für Adipositas bis ins Erwachsenenalter
  • reduziert das Risiko Diabetes zu entwickeln
  • reduziert das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen
  • vermindert das Risiko für Autismus und ADHS
  • reduziert das Risiko für juvenile Krebserkrankungen, chronische- und Autoimmunerkrankungen, Bluthochdruck und erhöhtes Cholesterin


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Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Aufklärung über die Umweltvorteile des Stillens stärkt das bewusste Handeln und informiert die Menschen über die weitreichenden Auswirkungen ihrer Entscheidungen. Dieses Bewusstsein kann sich auf andere Aspekte einer nachhaltigen Lebensweise ausdehnen. Durch die Förderung des Stillens und die Sensibilisierung der zahlreichen Vorteile tragen wir dazu bei, die langfristige Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern, Müttern und Familien zu unterstützen. Eine gesunde Bevölkerung ist besser in der Lage, globalen Herausforderungen zu begegnen und sich ihnen anzupassen.

Die enormen Effekte des Stillens auf die kindliche und mütterliche Gesundheit wirken sich selbstverständlich auch auf die Kosten für das Gesundheitswesen aus, was wiederum für die gesamte Gesellschaft von Bedeutung ist.
2016 hat ein Forscherteam berechnet, welche Todesfälle und welche Kosten für das Gesundheitssystem der USA daraus entstehen, dass nicht entsprechend der WHO-Empfehlungen gestillt wird.

Die Studie wurde von Dr. Zsuzsa Bauer auf deutsch zusammengefasst:

Ergänzend und vertiefend empfehlen wir Ihnen die folgenden englischsprachigen Quellen:


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  • © Fotolia/OksanaKuzmina
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  • ©pastoralists.bhphoto.pl
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Ganz grundsätzlich unterstützt das Stillen bzw. die Ernährung mit Muttermilch die Immunabwehr des Kindes. So sind mit Muttermilch ernährte Kinder beispielsweise besser gegen gegen SARS-CoV-2 (COVID-19) und andere Viruserkrankungen geschützt.
Ein Teil des Wirkmechanismus: Laktoferrin verhindert die Kommunikation zwischen den Wirtszellen und dem Virus und Oligosaccharide stellen eine Barriere für die pathogenen Keime dar.
Jede Mutter stellt ihrem Kind individuelle Antikörper zur Verfügung. Dabei gelangt ein einzigartiges Portfolio an abwehrenden Zellen in die Muttermilch und schützt somit den Säugling.

"Neues aus der Forschung": bleiben Sie auf dem Laufenden

Neben den bereits seit längerem gesicherten Erkenntnissen gibt es auch immer wieder neue Forschung zum Thema. Einige der aktuellen Studien stellen wir regelmäßig in unserer Kategorie "Neues aus der Forschung" vor. Hier finden Sie einen Überblick über die dazu passenden Artikel:

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